5. Tag

 

Von Sonthofen nach Oberstdorf

 

 

Wie der gestrige Tag endete, so begann der heutige:

Nebel, Regen, unsichtbare Berge.

 

Wolfgang Schegerer hatte mir empfohlen –so das Wetter es erlaube – von Sonthofen mit dem Bus bis Giebelhaus zu fahren und von dort zum Nebelhorn aufzusteigen, um dann mit der Seilbahn nach Oberstdorf abzufahren. Das Wetter erlaubte es nicht.

Also frühstückte ich erstmal genüsslich und in Ruhe. Dann entschloß ich mich, etwas für meine Bildung zu tun und ging Richtung „Lehrwanderweg Iller“.

 

Auf dem Weg durch die Stadt bis zum Sportplatz, dorthin wo der Weg beginnt, erhebt sich - heute im Nebel - die ehemalige „Ordensburg Sonthofen“, jetzt Generaloberst-Beck-Kaserne.

 

     

 

Das erinnerte mich, dass ich in meiner aktiven Zeit einmal die dort stationierten Soldaten besuchte. Man führte mich damals durch die Burg und erläuterte mir unter anderem die Aufgaben und Möglichkeiten des Spürpanzers Fuchs. Es war für mich ein aufschlußreicher, instruktiver Besuch.

Ich erinnere mich gern daran.

 

Der Regen nahm zu. Links von mir rauschte die Iller. Ich erreichte den Lehrwanderweg.

Er wurde 1994 vom Wasserwirtschaftsamt Kempten zwischen Sonthofen und Fischen angelegt. Schautafeln informieren über Wasserwirtschaft, Wasserbau, Tiere und Pflanzen in diesem Gebiet.

Die Beschreibung über Auwälder fesselte mein Interesse besonders, denn ich liebe Auwälder, wenn auch nicht unbedingt an schwülen Tagen wegen der Stechmücken, die dann oft plagen.

Eine knappe Beschreibung dessen, was ich mir gemerkt habe:

 

>Auwälder sind beeinflusst von Grundwasserpegel und Überschwemmungen. Bei häufigen, lang andauernden und schnell strömenden Überflutungen entstehen Weichholzauen, dort wachsen Weiden und Erlen. Hartholzauen bilden sich bei kürzeren aber höheren Überflutungen mit geringerer Fließgeschwindigkeit. Dort stehen Esche, Ulme, Ahorn und Eiche.

Auwälder zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Europas.<

 

Ich stieg ans Ufer der Iller. Sie führte auch wenig Wasser. An manchen Stellen hätte ich den Fluß über einzelne Steine trockenen Fußes überqueren können.

 

 

Flußlandschaft Iller

 

In Fischen verließ ich die Iller und stieg bergan. Es gibt mehrere Möglichkeiten über die Hänge oder den Berg nach Oberstdorf zu gelangen. Mal sehen, wie weit die Wolken herunterreichen würden.

 

Ein Blick zurück auf Fischen mit der Frauenkapelle und der Pfarrkirche.

 

Ich wanderte weiter Richtung Geißalpe. Ab Reichenbach ging ich über einen Forstweg. Vom Tobelweg hatte man mir abgeraten, auch weiter als bis zur Alpe sollte ich beim heutigen Wetter nicht laufen

Unterwegs begegnete ich frei laufenden Kaninchen.

 

 

Ob sie wohl abends freiwillig in ihren Stall zurückkehren?

 

 

An einem Feuerwehrhaus löscht ein martialisch aussehender und auftretender „Heiliger Florian“ ein brennendes Haus.

 

 

Halb Ritter, halb römischer Legionär, aber auf jeden Fall ein Heiliger.

 

 

Der Nebel wurde wieder dichter. Streckenweise waren es schon Wolken, in denen ich ging. So entschied ich an der Geißalpkapelle, kurz vor der Geißalphütte, den Wallraffweg zu nehmen Er führt zwischen 1150 und 1200m am Hang entlang.

 

 

Von oben sah die Welt so aus. Von unten gab es Nässe und Feuchte überall.

 

 

Um 15 Uhr erreichte ich Oberstdorf an der Skisprungschanze vorbei. Der Ort war voll von Menschen wie in einer Einkaufszone beim Schlussverkauf. Es war einfach ungemütlich.

 

Trotzdem machte ich einen Spaziergang durch die Straßen, floh aber bald ins Heimatmuseum, das noch offen hatte, und wo ich der einzige Besucher war.

Auch einem Holzschnitzer stattete ich einen Besuch ab. Die Anna-Selbdritt in der Unterthingauer Pfarrkirche hat mich inspiriert, nach einer solchen Skulptur zu fragen.

„Eine Anna-Selbdritt hat schon lange keiner mehr gewollt. Die meisten wüssten gar nicht, was das ist.“

Die Verwunderung war groß. Der Schnitzer hatte keine Figur in seinem reichhaltigen Angebot unterschiedlichster Schnitzarbeiten. Er konnte mir nur Bilder zeigen. Eine Figur gefiel mir. Sie war allerdings bunt bemalt, was ich nicht wollte, Natürlich war sie auch unbemalt zu haben. Als ich noch zögerte, erzählte mir der Schnitzer, dass eine Anna-Selbdritt vom selben Künstler in Gerstruben an einem Haus zu sehen sei.

Gerstruben ist die älteste Siedlung im Gebiet um Oberstdorf und ein beliebtes Ausflugsziel.

„Gut“, dachte ich, „warten wir mal ab, wie das Wetter morgen wird.“ Sollte es strahlend sein, wollte ich aufs Fellhorn. Schließlich habe ich zwei Tage für Oberstdorf eingeplant, um die Berge kennen zu lernen und zu genießen.

 

Am späten Nachmittag kam ich in mein Hotel. Ich hatte das Hotel Traube gewählt. Man hatte mir ein Himmelbett versprochen. Es war fast ein Himmelbett, der Himmel fehlte, dafür konnte ich es rundherum mit Vorhängen zuziehen. Es lag urig unter dem Dach.

Zum Abendessen ging ich ins Restaurant des Hotels. Ich erhielt einen netten, kleinen Tisch neben freundlichen Leuten. Wir kamen schnell ins Gespräch. Die Bedienungen, einschließlich des Chefs waren sehr zuvorkommend und freundlich. Als noch eine Schuhplattlergruppe auftrat, wurde der Abend so richtig gemütlich.

 

 

 

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