Weidestreit (nach einer Sage)

 

 

Zwei Hirten, der eine aus Weilheim, der andere aus Haunshofen, waren sich schon lange nicht grün. Sie wetteiferten darin, nicht nur die schönsten und kräftigsten Kühe zu haben, sondern ihre Kühe auch auf die fettesten Weiden zu führen. Und so blieb es nicht aus, dass sie sich das Weiderecht streitig machten. Wegen einer entlaufenen Kuh gerieten sie in einen heftigen Streit. Der eine begehrte mehrere Kannen Milch als Entschädigung, da die Kuh sich angeblich auf seiner Weide voll gefressen habe. Der andere empörte sich und warf seinem Kontrahenten vor, er wolle sich fremdes Gebiet aneignen.

Dieser Streit übertrug sich auf die Dorfgemeinschaften, und man beschloß, ein für allemal zu klären, wo die Weidegrenze verläuft. Also versammelten sich die Streitenden auf dem umstrittenen Platz und versuchten einander zunächst mit Argumenten das Weiderecht zu entreißen. Als jedoch keine Einigung erzielt werden konnte, griff man zu Prügeln, Stöcken, Steinen und Erdbrocken, um mit Gewalt eine Lösung suchen.

 

Da erschien plötzlich ein Männlein in der Gestalt eines Hirten zwischen ihnen. Es maß nicht mehr als drei bis vier Spannen. Mit ruhigen Schritten ging es zu einem großen Stein, setzte seinen Fuß darauf und rief: „So wahr ich tritt auf diesen Stein, ist dies Haunshofer G´meind!“

 

Danach verschwand die Gestalt so unvermittelt wie sie erschienen war. Damit war auch der Streit entschieden.

Die Streithähne nämlich waren über diese Erscheinung so erschrocken, dass sie diesen Stein als Grenzstein anerkannten und fürderhin friedlich nebeneinander ihre Kühe weideten.

Der Fußtritt dieser unheimlichen Erscheinung soll sich erhalten haben, In der Kapelle, so glaubt man, sei der Fußabdruck auf einem Stein im Fußboden noch zu erkennen. Du musst nur genau hinschauen.

 

Nach einer anderen Version soll ein eleganter Herr erschienen sein. Auch er setzte seinen Fuß fest auf einen Stein, sagte jedoch: „So wahr ich meinen Fuß auf diesen Stein stelle, ist dies der Boden von Weilheim.“

 

Welcher Variante man auch zuneigen mag, der bäuerlichen oder der bürgerlich/fürstlichen, wird eine lokalpatriotische Angelegenheit sein.

 

 

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